09.05.2005
First Private: Unsicherheit dominierte die Märkte
Köln, den 09.05.2005 (Investmentfonds.de) - Der Monat April war geprägt von einer
erhöhten Unsicherheit an den internationalen Anleihen- und Aktienmärkten, berichten
die Analysten von First Private in der aktuellen Markteinschätzung. Im Monatsver-
lauf drehten alle wichtigen Aktienindizes ins Minus und bei den Staatsanleiheren-
diten wurden die Tiefststände von 1999 annähernd wieder erreicht. Auslöser waren
vermeintliche Anzeichen für eine Abkühlung der Weltwirtschaft. Mehrfach wurden
im Monatsverlauf Konjunkturdaten veröffentlicht, die die Erwartungen der Analysten
verfehlten. So fiel zum Beispiel in Deutschland der IFO-Index der Geschäftserwar-
tungen zum dritten Mal in Folge. Die USEinzelhandelsumsätze stiegen im März
saisonbereinigt nur um 0,3%. Von Volkswirten war ein Anstieg von 0,7% erwartet
worden. Das Bruttinlandsprodukt der USA, welches zum Ende des Monats veröffent-
licht wurde, wuchs um annualisierte 3,1% und blieb damit ebenfalls hinter den
Erwartungen der Analysten zurück. Auch der weiterhin von vielen Marktteilnehmern
erwartete Ölpreisrückgang blieb im April aus.
Ausblick Aktien
Der aktuelle Wirtschaftszyklus hat viele ungewöhnliche Eigenschaften: Die Inflation
ist bisher weniger angestiegen als von vielen Marktbeobachtern aufgrund der expansiven
Geldpolitik befürchtet, die langfristigen Zinsen sind tendenziell sogar gefallen,
obwohl die Federal Reserve sich in einem Zinserhöhungszyklus befindet dessen Ende
noch nicht abzusehen ist, und schließlich haben sich die Ungleichgewichte in der
Weltwirtschaft (US-Sparquote bzw. Konsum, Immobilien-“Blasen“ und Dollar bzw.
USLeistungsbilanzdefizit) eher verstärkt als reduziert. So gibt es langfristig mit
Sicherheit ein Limit, wie weit das Leistungsbilanzdefizit der USA steigen kann und
die geringe Sparquote wird letztendlich die Wachstumschancen der USA und der Welt-
wirtschaft begrenzen, folgern die Experten im weiteren Verlauf der Marktein-
schätzung. Noch aber befinden sich die auf Verschuldung basierte US-Expansion
und deren Finanzierung durch das Produktions-getriebene Asien in einem Gleichgewicht.
Die Weltwirtschaft ist seit 2004 auf einem nachhaltigen Wachstumspfad und auch
2005 sollte Trendwachstum erreicht werden. Allerdings dürften sich die zwei Haupt-
wachstumslokomotiven - der US-Konsum, sowie der chinesische Investitionsboom - eher
verlangsamen, als sich zu beschleunigen. Denn sowohl die US-Zentralbank - aus Sorge
vor Inflation und starken Arbeitsmarktsdaten - als auch die EZB - aus Sorge vor
Immobilien-“Blasen“ - möchten ihre expansive Geldpolitik zurückfahren. Seit dem
Platzen der Aktienblase im Jahr 2000 war die US-Fiskal- und Geldpolitik extrem ex-
pansiv, um ein Abrutschen in die Deflation zu verhindern.
Die Rückkehr in ein positives Realzinsumfeld könnte eine Korrektur der globalen
Ungleichgewichte auslösen. Mit der Annäherung an ein neutrales Zinsniveau durch die
Fed wird an den Kapitalmärkten das Ende des Reflation- bzw. Carry-Trade eingeläutet:
die am stärksten gefährdeten Asset-Klassen sind nach Einschätzung von First Private
Aktien, Rohstoffe und Spread-Produkte.
Das langsame Zudrehen des Liquiditätshahns durch die Federal Reserve dürfte also im
Laufe diesen Jahres die Weltwirtschaft und die Aktienmärkte belasten. Dennoch ist
zum jetzigen Zeitpunkt die US-Geldpolitik immer noch nicht als restriktiv zu werten.
Eine zu defensive Positionierung empfiehlt sich daher laut First Private noch nicht.
Die Markttechnik zeigt unter der Oberfläche allerdings schon einige besorgniserregende
Entwicklungen. Finanztitel, die zu den Marktschwergewichten und bisher zu den Anführern
der Hausse zählen, zeigten in den vergangenen Wochen Schwäche, Credit Spreads haben
sich ausgeweitet, steigende Kurse wurden nur noch von geringem Handelsvolumen begleitet
und die sehr niedrigen Optionsvolatilitäten deuten darauf hin, dass die Investoren
nicht auf mögliche negative Nachrichten vorbereitet sind.
Dem stehen insbesondere in Europa nach wie vor günstige Bewertungsniveaus auf Basis
der derzeitigen Konsensus-Gewinnschätzungen für das Jahr 2005 gegenüber. Auch eine
fällige Korrektur im Ölpreis könnte den Märkten positive Impulse geben. Allerdings geht
First Private langfristig von einem Ölpreis auf hohem Niveau aus, da die Ölnachfrage
aus Asien dynamisch steigt, aber das Angebot nur langsam ausgeweitet werden kann und
vor allem in politisch instabilen Regionen liegt. Zusammenfassend sollte nach Analysten-
Einschätzung eine mögliche Korrektur an den europäischen Aktienmärkten moderat aus-
fallen, da das Umfeld weiterhin durch moderates Wachstum sowie steigende Produktivität,
fallende Lohnstückkosten (Deutschland!) und steigende Unternehmensgewinne geprägt ist.
Dies gilt insbesondere solange Inflation weiterhin keinen Anlass zur Sorge für die
Zentralbanken bietet. Solange die Kapitalkosten für neue Investitionen weit unter dem
Return on Investment liegen, besteht ein expansives Umfeld für Unternehmen, das sich
mittelfristig durchsetzen sollte.
Quelle: Investmentfonds.de