13.10.2005
F&C: Niederl. Pensionsmarkt bietet interessante Anregungen
Köln, den 13.10.2005 (Investmentfonds.de) - Im jüngsten Bundestagswahlkampf
hat die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme eine erhebliche Rolle
gespielt. Daher wird, ganz gleich in welcher Farbkombination die Regierungs-
koalition schließlich zustande kommt, das Thema auch die künftige Bundesregierung
beschäftigen. Die Deutschen könnten, so die Meinung von Alain Grisay,
designierter CEO bei F&C, dabei die Erfahrungen anderer europäischer Staaten,
zum Beispiel der Niederlande, berücksichtigen. Grisay verweist auf die Aus-
lagerung der Pensionsverpflichtungen aus den Bilanzen der Unternehmen, wie
sie in den Niederlanden schon lange üblich ist. Dadurch verbessern sich die
Bilanzkennziffern der Unternehmen, denn Pensionsverpflichtungen werden von
Ratingagenturen und Banken zunehmend als Finanzschulden angesehen und belasten
somit die Bilanz der Unternehmen.
Aber auch das Pensionssystem der Niederlande insgesamt lohne einen näheren Blick.
Dort gibt es zwei verschiedene Formen. Zum einen branchenweite Lösungen und zum
anderen unternehmensindividuelle Pensionsfonds. Einer der größten branchenweiten
Fonds ist PGGM, in dem die Ärzte ihre Altersversorgung organisiert haben. Auch der
PME, der Pensionsfonds der Metallbranche, zählt zu den volumenreichen Alters-
vorsorgeeinrichtungen. Im PME sind derzeit 15 Milliarden Euro investiert. „Für
die Verwaltung der Pensionsgelder haben die Unternehmen zwei Möglichkeiten:
Entweder sie managen die Assets selbst oder sie übertragen diese Aufgabe an
Dritte“, schildert Alain Grisay die Praxis im niederländischen Pensionsmarkt,
der insgesamt 600 Milliarden Euro umfasst und damit einer der größten in Europa
ist. Die großen Pensionsfonds wie PME und PGGM verwalten die Gelder der
Versicherten in eigener Regie.
Grisay macht auf die besonderen Entscheidungsstrukturen der Pensionsfonds in den
Niederlanden aufmerksam. Ihnen liegt ein Konsensmodell zu Grunde, wobei das Board,
nach deutschem Verständnis eine Art Kombination aus Vorstand und Aufsichtsrat,
der für die Investmentstrategie verantwortlich ist, jeweils zur Hälfte mit
Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite besetzt wird. „Ein inte-
ressantes Modell - beide Seiten tragen Verantwortung. Diese Konstruktion zahlt
sich besonders dann aus, wenn schwerwiegende Entscheidungen getroffen werden
müssen. Das war zum Beispiel der Fall, als es im Jahr 2001 den starken Einbruch
am Aktienmarkt gab“, schildert Grisay die Vorteile des niederländischen Modells.
Die Pensionsfonds waren von diesen Kursverlusten ebenso betroffen. In den
Niederlanden ist jedoch vorgeschrieben, dass eine Abdeckung der Verpflichtungen
zumindest in Höhe von 105 Prozent gegeben ist. „In dieser Situation hatten die
Boards zwei Möglichkeiten: abwarten oder handeln. Sie entschieden sich natürlich
für die zweite. So wurden die Einzahlungen in die Pensionsfonds angehoben,
während zur gleichen Zeit die Pensionszahlungen um etwa zehn Prozent gekürzt
wurden.“ Dabei habe es sich um einen schweren Eingriff gehandelt, der allerdings
einmütig innerhalb von wenigen Wochen entschieden worden sei. „Wäre in
Deutschland eine derart konsequente Lösung in einer solch kurzen Zeit denkbar?“,
fragt Alain Grisay. Er hält dies für sehr unwahrscheinlich, weil sämtliche
Interessenvertreter protestieren würden. In den Niederlanden hingegen hätten
Gewerkschafter, Personalabteilungen, Finanzchefs und Unternehmensvorstände
gemeinsam diesen Plan entwickelt, um eine spätere Demontage von vornherein
zu verhindern. Und die niederländische Bevölkerung habe diese Maßnahme akzeptiert.
Der Board eines Pensionsfonds entscheidet zugleich, ob das Asset Management an
externe Vermögensverwalter ausgelagert oder dafür eigenes Personal eingestellt
wird. Es sei schon ein gewaltiger Unterschied, ob ein Unternehmen 50 Experten
für die Verwaltung im eigenen Haus beschäftigen muss oder ob ein oder zwei
Mitarbeiter genügen, die das Outsourcing betreuen. Eine Inhouse-Verwaltung macht
nach den Erfahrungen von F&C Asset Management nur bei Vermögen ab 15 Milliarden
Euro Sinn. „Selbst ein großes Unternehmen wie Philips hielt seine beträchtlichen
Pensionsgelder für nicht groß genug um ein hauseigenes Asset-Management zu
unterhalten“, stellte Grisay fest.
F&C kann diese Situation aus eigener Erfahrung gut beurteilen. Der Vermögens-
verwalter ist in den Niederlanden mit 42 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen
der größte aktive Asset Manager für institutionelle Kunden. Lediglich Barclays
managt mehr Kundengelder, nutzt dafür allerdings indexgebundene Produkte.
Quelle: Investmentfonds.de