26.07.2007
Allianz Global Investors sieht Übernahmewelle auf dem Höhepunkt
Köln, den 26.07.2007 (Investmentfonds.de) - Im Mai 2007 wurden weltweit Zusammenschlüsse
und Übernahmen (M&A) mit einem Volumen von 636 Mrd. US-Dollar angekündigt. Damit über-
schreitet das M&A-Volumen die alte Rekordmarke von Januar 2000 und erreicht einen histo-
rischen Höchststand. „Im Gegensatz zu früher werden Übernahmen heute zu drei Vierteln
mit Barmitteln und weniger über eigene Aktien finanziert“, stellt Dennis Nacken
Kapitalmarktanalyst im aktuellen Kapitalmarktbrief von Allianz Global Investors fest.
Zur Jahrtausendwende waren bei jedem zweiten Deal teure Aktien die Akquisitionswährung
mit weitreichenden Folgen bei den folgenden Kursrückgängen. Strategische Investoren
gehen heute umsichtiger vor, und die Bewertungen stehen auf gesünderen Füßen, wenngleich
im Zuge des starken Bieterwettbewerbs die Preise angezogen haben.
Neue Allianzen ermöglichen größere Übernahmen
Einen weiteren Unterschied sehen die Kapitalmarktanalysten von AllianzGI in den
Dealstrukturen: Während früher meist nur zwei Vertragsparteien am Verhandlungstisch
saßen, sind in letzter Zeit auch häufiger konzertierte Aktionen von mehreren Beteiligten
zu beobachten. Die Finanzierung, die der Einzelne nicht leisten kann, kann gemeinsam
realisiert werden. Allein zehn der 20 größten Übernahmen in den letzten beiden Jahren
stammen von einem Bieter-Konsortium. So sind auch größere Konzerne nicht mehr vor
Übernahmen gefeit. Kooperationen tauchen dabei in drei Varianten auf:
Bei größeren Übernahmeprojekten verbinden sich mehrere Finanzinvestoren zu einem Kon-
sortium und teilen sich nicht nur die Schuldenlast, sondern auch das Risiko.
Auch Unternehmen suchen sich mitunter einen Finanzinvestor zur Mitfinanzierung des Kaufs.
Für den strategischen Investor verringert sich so die Kostenlast und der Finanzinvestor
profitiert von dem Branchen-Know-how des Partners.
Oder, und dies ist bisher einzigartig, es tun sich mehrere strategische Investoren
zusammen, wie bei der geplanten Übernahme von ABN-Amro durch ein Konsortium dreier
Banken (Royal Bank of Scotland, Fortis, Banco Santander). Hier sollen nicht nur
Finanzierung und Risiko auf mehrere Schultern verteilt werden, sondern durch die
Filetierung des Übernahmekandidaten entsteht ein größeres Synergiepotenzial, was
höhere Kaufpreise eher rechtfertigt.
M&A-Boom hat viele Ursachen
Grundsätzliche Treiber des M&A-Booms sind die fortschreitende Globalisierung bei gleich-
zeitig stark wachsender Weltwirtschaft. Umfangreicher Restrukturierungen seit 2001 haben
die Unternehmen schlanker und effizienter gemacht. Begrenzte organische Wachstumsper-
spektiven in Verbindung mit hoher Liquiditätsausstattung vieler Konzerne lassen Zukäufe
und Zusammenschlüsse teilweise zu einer strategischen Notwendigkeit werden. Strategische
Investoren verfolgen dabei Wachstumsstrategien wie die Erweiterung der Wertschöpfungs-
kette oder Erschließung neuer Märkte.
Finanzinvestoren holen auf
Umgekehrt sorgen niedrige Refinanzierungskosten und eine hohe Finanzierungsbereitschaft
dafür, dass Finanzinvestoren wie Private-Equity-Firmen oder Hedge Fonds zunehmend an
Bedeutung gewinnen, während bis Ende der 90er Jahre strategische Investoren am M&A-Markt
noch weitgehend unter sich waren. Knapp 30 % des M&A-Volumens geht inzwischen auf das
Konto von Private-Equity-Fonds – Tendenz steigend. Von den 20 weltweit größten Über-
nahmen 2006/2007 wurden allein zehn von Private-Equity-Firmen gestemmt. Für Finanz-
investoren steht die Rendite auf das eingesetzte Kapital im Vordergrund und weniger
das Geschäftsfeld des übernommenen Unternehmens. Durch den hohen Anteil an Fremdkapital –
im Schnitt werden nur rund 20 % des Kaufpreises mit Eigenmitteln finanziert – gelingt es
ihnen, die Eigenkapitalrendite hochzuschrauben („Leverage-Effekt“). Voraussetzung ist
allerdings, dass die Eigenkapitalrendite des übernommenen Unternehmens höher ist als der
Zins für das Fremdkapital.
M&A-Markt am Zenit
Die Phase, in der Finanzinvestoren ausschließlich durch Financial Engineering Erträge
erzielen konnten, scheint langsam vorbei zu sein. Die Suche nach geeigneten Übernahme-
kandidaten wird immer schwieriger und das Risiko von Fehlbewertungen steigt. Gesell-
schaften, deren Umsatzrendite im Branchenvergleich niedrig ist und deren Ertragspotenzial
noch nicht ausgeschöpft scheint, werden aber wohl unverändert Zielscheibe von Käufern
sein.
Gleichzeitig sind die Refinanzierungsmöglichkeiten günstig, wenngleich die aktuell
steigenden Zinsen und die möglicherweise restriktivere Kreditvergabe der Banken den
Liquiditätsfluss verringern könnten. Der Zenit der Übernahmewelle scheint erreicht,
zumal Schnäppchen am Markt rar gesät sind. Doch das günstige Wirtschaftsumfeld und die
hohe Liquiditätsausstattung der Unternehmen selbst dürften dazu führen, dass die Aktivität
am M&A-Markt nicht zum Erliegen kommt und weiterhin die Märkte antreibt, so das Fazit der
Analysten.
Quelle: Investmentfonds.de