Western Asset Management | Inflation heute im Vergleich zu den Erfahrungen der 1960er/1970er-Jahre
Michael Bazdarich, Produktspezialist und Ökonom bei Western Asset Management, Teil von Franklin Templeton
Inflation heute im Vergleich zu den Erfahrungen der 1960er/1970er-Jahre
Die aktuelle Inflation in den USA ist die stärkste seit den späten 1960er- und 1970er-Jahren. Allerdings unterscheidet sich die derzeitige Entwicklung in wichtigen Aspekten von der damaligen Zeit. Anders als vor 55 Jahren hat sich die gegenwärtige Inflation ohne einen echten Wachstumsboom in den USA entwickelt. Auch die Reallöhne und Realeinkommen sind rückläufig, was in den 1960er-Jahren, als die Inflation einsetzte, nicht der Fall war. Darüber hinaus scheint der Preisanstieg in den verschiedenen Waren- und Dienstleistungssektoren in jüngster Zeit stärker auseinanderzuklaffen als in den 1960er- oder 1970er-Jahren. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Inflation in den 1960er Jahren geldpolitisch bedingt war, während sie heute von Angebotsengpässen geprägt ist.
DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE
- Die gegenwärtige Inflationsentwicklung unterscheidet sich in wichtigen
Punkten von derjenigen der späten 1960er und 1970er Jahre.
- Damals setzte die Inflation nach mehr als fünf Jahren kräftigen Wachstums
und einer deutlich niedrigeren Arbeitslosigkeit als zuvor ein. Heute haben wir
es mit einer Inflation zu tun, die nach einem Jahr des Wirtschaftswachstums
auftritt, das die durch COVID-19 verursachten Rückgänge nicht kompensieren
konnte - trotz einer höheren Arbeitslosenquote als zuvor.
- Die aktuelle Inflation gibt ArbeitnehmerInnen und HändlerInnen in einer
Weise Anlass zur Sorge, wie dies bei der Inflation in den 1960er-Jahren nicht
der Fall war, da sie zu einem Rückgang der Realeinkommen führt, wie er Ende der
1960er- und Anfang der 1970er-Jahre nicht zu beobachten war.
- In jüngster Zeit sind nämlich die Preissteigerungen bei Waren und
Dienstleistungen stärker auseinandergeklafft als in den 1960er- und
1970er-Jahren. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Inflation der 1960er-Jahre
geldpolitisch bedingt war, während die gegenwärtige Inflation von
Angebotsengpässen geprägt ist.
- Gegenwärtig stehen die Preise, nach einem weitaus schwächeren Aufschwung als in den 1960er-Jahren und angesichts harscher Preissteigerungen, unter starkem Abwärtsdruck. Da auch die Geldpolitik weiteren Straffungen unterliegt, werden sich diese Effekte noch verstärken.
Sicher haben Sie mittlerweile häufiger gehört, dass die Inflation in den USA heute die gravierendste seit den späten 1960er- und 1970er-Jahren ist. Was Sie bei all dem Händeringen und den Schuldzuweisungen vielleicht nicht gehört haben, ist die Tatsache, dass sich die gegenwärtige Situation deutlich und wesentlich von der vor fast 60 Jahren unterscheidet. Im Folgenden erläutern wir einige der Unterschiede mit dem Ziel, besser zu verstehen, was wir gerade durchmachen und wie wir da wieder herauskommen können.
Die Party der 1960er Jahre im Vergleich zum Schlingerkurs der 2020er Jahre William McChesney Martin, US-Notenbankchef (Fed) in den 1960er Jahren, wurde dafür bekannt, dass er einmal sagte, die Aufgabe der Fed sei es, "die Bowle wegzunehmen, wenn die Party in Schwung kommt". Er meinte damit, dass es genau dann, wenn das Wirtschaftswachstum am stärksten und schwungvollsten war und sich ein Inflationsdruck aufbaute, die Aufgabe der Fed war, das Wachstum zu drosseln, um zu verhindern, dass dieser Inflationsdruck andauerte oder sich sogar noch verstärkte.
Es mag fraglich sein, wie erfolgreich McChesney Martin oder seine Nachfolger in den 1970er-Jahren in dieser Rolle waren, aber die Metapher selbst ist zutreffend. Der derzeitige US-Notenbankchef Jerome Powell allerdings ist fest entschlossen, dieselbe Rolle zu spielen. Das Problem dabei ist, dass die US-Wirtschaft in den 1960er-Jahren, als die Inflation erstmals aufflammte, in der Tat "ausgelassen gefeiert" hatte, während die gegenwärtige Lage weit weniger berauschend ist.
Nach einer kurzen Rezession 1960-1961, die vermutlich das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 1960 beeinflusste, trat die Kennedy-Johnson-Regierung Anfang 1961 ihr Amt mit der festen Absicht an, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu senken. In einer Wirtschaft, die sich bereits gut aus der Rezession herausentwickelt hatte und durch die Anreizmaß- nahmen der Regierung angekurbelt wurde, zeigten sich die Auswirkungen in dem darauffolgenden sehr schnellen Wachstum.
Vom Zyklushöchststand im ersten Quartal 1960 bis zum vierten Quartal 1965, d. h. selbst unter Berücksichtigung von durchschnittlichen rezessionsbedingten Rückgängen und frühem Expansionswachstum, verzeichnete das reale Bruttoinlands- produkt (BIP) ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 4,9 %. Die Arbeitslosigkeit war von einem bereits niedrigen Stand von 5,2 % auf dem Höhepunkt der Expansion im April 1960 auf 4,0 % im Dezember 1965 gesunken.
In jedem Fall hatte sich das Wirtschaftswachstum in den USA erheblich beschleunigt, und 1965 begann auch die Inflation zu steigen. Nach einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,2 % in den Jahren 1960 bis 1964 stieg die Inflation 1965 auf 1,9 % und zog 1969 deutlich an. An diesem Punkt begann die US-Notenbank (Fed) unter William McChesney Martin, getreu seinem Wort, auf die Bremse zu treten, wurde jedoch vom damaligen Präsidenten Lyndon Johnson, der sich auf die Wahlen 1968 und die Finanzierung des Vietnamkriegs konzentrierte, in ihre Schranken verwiesen. Als die Fed ihre Zurückhaltung aufgab und die US-Bundespolitik die Wirtschaft ankurbelte, setzte sich das schnelle Wachstum fort.
Trotz einer Konjunkturabkühlung in Verbindung mit einer Kreditverknappung, die durch eine kurzfristige Beschränkung der Fed ausgelöst wurde, betrug das reale BIP-Wachstum vom vierten Quartal 1965 bis zum Höhepunkt der Expansion im dritten Quartal 1969 durchschnittlich 3,9 % pro Jahr. Dieser Anstieg kam zu dem rasanten Wachstum der vorangegangenen fünf Jahre noch hinzu. Die Arbeitslosigkeit sank weiter auf 3,5 %, trotz des massiven Zustroms heranwachsender Babyboomer, die auf den Arbeitsmarkt drängten.
Bis 1969 hatte die VPI-Inflation die 6 % Marke überschritten. Nicht einmal die Regierung von US-Präsident Johnson konnte die Fed daran hindern, dieses Problem anzugehen. Tatsächlich geriet die US-Wirtschaft Ende 1969 in eine Rezession. Das Wirtschaftswachstum wies in den Folgejahren eine wesentlich geringere Dynamik auf alsin den 1960er-Jahren.
Tatsache ist jedoch, dass die US-Wirtschaft zu dem Zeitpunkt, als die Inflation in den späten 1960er Jahren zu einer Angelegenheit nationaler Bedeutung wurde, ihren stärksten Aufschwung in der Geschichte erlebt hatte und ein reales BIP-Wachstum von durchschnittlich 4,5 % pro Jahr in den neuneinhalb Jahren zwischen dem ersten Quartal des Zyklushochs 1960 und dem dritten Quartal des Zyklushochs 1969 verzeichnete. Im Vergleich dazu betrug das durchschnittliche Wirtschafts- wachstum in den über sieben Jahren der beiden vorangegangenen Konjunkturzyklen der 1950er Jahre von einem zum nächsten Höchststand 2,8 %.
Ungeachtet der konträr geführten politischen Diskussion erlebt die US-Wirtschaft derzeit keinen Wachstumsschub, der auch nur annähernd mit der Situation in den 1960er-Jahre vergleichbar wäre. Statt einen kräftigen Sprung zu machen, ist das Wachstum in der gegenwärtigen Expansionsphase insgesamt sogar niedriger als während des weithin kritisierten Aufschwungs nach der globalen Finanzkrise. Desgleichen lag die Arbeitslosigkeit im letzten Jahr, als die Inflation anzog, immer noch deutlich über dem Niveau vor der COVID-19-Pandemie.
Es stimmt, das BIP ist im dritten Quartal 2020 sehr stark gewachsen. Dieses Wachstum folgte jedoch auf einen noch stärkeren Rückgang des BIP im zweiten Quartal 2020. Selbst jetzt, sechs Quartale später, hat die Wirtschaft noch immer nicht den Wachstumstrend von vor der Pandemie erreicht. Fasst man Rezession und Expansion zusammen, wie wir es für die 1960er-Jahre getan haben, beträgt das reale BIP-Wachstum vom vierten Quartal 2019 bis zum ersten Quartal 2022 im Durchschnitt nur 1,2 % pro Jahr. Im Vergleich dazu betrug das reale BIP-Wachstum zwischen dem zweiten Quartal 2008 und dem vierten Quartal 2019 durchschnittlich 1,7 % pro Jahr, selbst wenn man die lange, steile Rezession in der Finanzkrise und die schleppende Expansion nach der Finanzkrise gegeneinander aufrechnet.
Die Arbeitslosigkeit lag Ende 2019, kurz vor dem Ausbruch des Coronavirus, bei 3,5 % und einer stabilen Teuerungsrate. Ende letzten Jahres, als sich die Inflation beschleunigte, lag sie bei 4,7 % und ist seitdem nur auf 3,6 % gesunken - etwas höher als im Dezember 2019.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Inflation in den späten 1960er-Jahren erst nach mehr als fünf Jahren einsetzte, in denen das Wachstum wesentlich schneller und die Arbeitslosigkeit deutlich niedriger war als zuvor.
Nach nur einem Jahr des Wirtschaftswachstums, in dem es nicht gelang, die durch die Pandemie-bedingte Rezession verursachten Einbußen vollständig zu kompensieren, und trotz einer Arbeitslosenquote, die höher ausfällt als vor der Rezession, hat eine Inflation eingesetzt. Diesmal gibt es keine Partys.
Die schmerzhaften Auswirkungen steigender Preise damals und heute Es wird immer über die Inflation geklagt. J.M. Keynes erklärte, dass die Inflation "alle verborgenen Kräfte des Wirtschaftsgesetzes auf der Seite der Zerstörung einsetzt, und zwar in einer Weise, die nicht einer unter einer Million Menschen in der Lage ist zu diagnostizieren". Anders ausgedrückt: Die Arbeitnehmer stellen fest, dass ihre Löhne steigen, und interpretieren dies als Belohnung für ihre Bemühungen. Doch wird jede begleitende Inflation als eine separate, bösartige Entwicklung angesehen, die sie um hart erkämpfte Errungenschaften bringt. Auch die Einzelhändler sind der Ansicht, dass höhere Kosten ihre Gewinne aus höheren Preisen, die sie verlangen können, schmälern.
Anders als zu Keynes' Zeiten sorgen die heutigen Medien natürlich dafür, dass die Inflation jedem ins Bewusstsein dringt. Die Menschen sind ohnehin verwirrt. Und tatsächlich gibt die derzeitige Inflation den Arbeitnehmern und Einzelhändlern in einer Weise Anlass zur Klage, wie es in den 1960er Jahren nicht der Fall war.
In der boomenden Wirtschaft, durch die die Inflation Mitte der 1960er Jahre und danach angeheizt wurde, stiegen die Löhne und Einkommen der Arbeitnehmer anfangs schnell genug, um die Auswirkungen der höheren Preise mehr als auszugleichen. Schaubild 4 zeigt das reale Pro-Kopf-Einkommen in den 1960er Jahren. Trotz der zunehmenden Teuerungsrate stiegen die Realeinkommen in den ersten Jahren der Inflation weiterhin rasch an.
Die Arbeitnehmer konnten zwar klagen, dass die Inflation ihre Einkommenszuwächse aufzehrte, dennoch stieg der Lebensstandard trotz der Inflation weiter an.
Dies ist derzeit nicht der Fall. Seit Beginn der aktuellen Teuerungswelle stagniert bzw. sinkt das reale Pro-Kopf-Einkommen. Trotz des angeblichen Nachfrageüberhangs nach Arbeitskräften und des "härtesten Arbeitsmarktes seit Jahrzehnten" stiegen angesichts steigender Preise in letzter Zeit weder die Reallöhne noch die Realeinkommen.
Im Gegensatz zu der Inflation vor 55 Jahren bereitet die derzeitige Geldentwertung sowohl den Arbeitnehmern als auch den Einzelhändlern reale wirtschaftliche Probleme.
Partys und Katerstimmung Auf die meisten wirklich guten Partys folgt ein wirklich übler Kater. Nach dem rasanten Wachstum der 1960er Jahre und der damit einhergehenden Inflation kam es in den 1970er Jahren zu einer angespannten Konjunkturlage und einer allgemeinen Zunahme der Inflation.
Die allgemeinen Lohn- und Preisbeschränkungen von August 1971 bis 1972 führten damals zu einer starken Verzerrung des Wachstums und der Preisbildung. Zwar waren die meisten Beschränkungen Ende 1972 aufgehoben worden, doch galten 1973 immer noch Preisobergrenzen für die inländische Öl- und Gasproduktion. Als das arabische Ölembargo Ende 1973 zu einem drastischen Anstieg der weltweiten Ölpreise führte, führten die Preisobergrenzen in den USA dazu, dass es zu Warteschlangen an den Zapfsäulen und zu Rationierungen kam, was das wirtschaftliche Umfeld weiter belastete.
Gleichzeitig musste sich die US-Wirtschaft, die seit dem kalifornischen Goldrausch keine Inflation in Friedenszeiten mehr verzeichnet hatte, mit den Auswirkungen der steigenden Preise auf Arbeitsverträge, Steuergesetze und Aktienmärkte auseinandersetzen. Die wirtschaftlichen Turbulenzen in den 1970er Jahren sind möglicherweise mit den Unterbrechungen der Versorgungskette in immer noch angespannten Sektoren vergleichbar.
Wichtig ist jedoch, sich vor Augen zu führen, dass Turbulenzen und Energieknappheit erst nach fast einem Jahrzehnt kräftigen Wachstums und erst nach acht Jahren ansteigender Inflation auftraten. Diese Katerstimmung aus den 1970er Jahren war das Ergebnis einer langen, ausgiebigen Party.
Gegenwärtig drücken uns wirtschaftliche Probleme und Verwerfungen, die mit denen der 1970er Jahre vergleichbar sind. Und möglicherweise fallen sie sogar noch heftiger aus als jene in dieser Zeit. Jede "Party", die wir seitdem bis heute erlebt haben, ist - wie wir an dieser Stelle dokumentiert haben - drastisch kürzer geworden und mit Sicherheit weniger ausgelassen gewesen als das, was die 1960er Jahre zu bieten hatten.
Dieser Kontrast hat uns dazu veranlasst, in den Beiträgen der letzten zwei Jahre die Inflation auf andere Faktoren als die Geldpolitik zurückzuführen. Zugegeben, die Fed versuchte vor zwei Jahren, Wachstum und Inflation anzukurbeln, als sie die letzten Runden der quantitativen Lockerung (QE) einleitete. Wären diese Anstrengungen jedoch wirklich erfolgreich gewesen, hätten wir mehr Party und weniger Probleme als bisher erfahren müssen.
Die Inflation ist inzwischen viel breiter gestreut Ein geflügeltes Wort besagt, dass "eine steigende Flut alle Boote anhebt." Überträgt man diese Maxime auf die Auswirkungen der Geldpolitik, so ergibt sich daraus der Grundsatz, dass eine expansive Geldpolitik tendenziell zu einer Beschleunigung der Ausgaben und damit zu einem schnelleren Preisanstieg in praktisch allen Bereichen der Wirtschaft führt. Geld ist fungibel. Es bleibt nämlich nicht nur in einem Sektor, wenn es im Umlauf ist.
Ein Aspekt der Geldentwertung ist, dass sie zu einem schnelleren Preisanstieg auf breiter Front führt, sowohl in einzelnen Sektoren als auch in weiteren Bereichen. Wir sind der Auffassung, dass dies auf die Inflationsepisode der 1960er Jahre und danach zutrifft. Es trifft jedoch NICHT auf die derzeitige Situation zu. Es würde jedoch den Rahmen der vorliegenden Analyse sprengen, die Streuung der Preiserhöhungen zu verschiedenen Zeitpunkten vor 55 Jahren und in der Gegenwart erschöpfend zu analysieren. Ein guter Anhaltspunkt ist hingegen die Gesamtinflation von Waren und Dienstleistungen.
Es ist hinlänglich bekannt, dass die Preise für Dienstleistungen in der Regel schneller steigen als die Preise für Waren.
Dies war zu allen Zeiten und in sämtlichen Volkswirtschaften der Industrieländer in der Nachkriegszeit der Fall. Dieses Gefälle scheint ein schnelleres Produktivitätswachstum im verarbeitenden Gewerbe als im Dienstleistungssektor widerzuspiegeln, obwohl beide um dieselben Arbeitskräfte konkurrieren.
Als die Inflation in den 1960er und 1970er Jahren einsetzte und sich weiter erhöhte, stiegen die Preise für Waren und Dienstleistungen in der Regel in gleichem Maße. Die "sich vergrößernde Welle" der Inflationspolitik wirkte sich tendenziell auf die Preise für Waren und Dienstleistungen gleichermaßen aus.
Die gegenwärtige Situation ist eine ganz andere. Die Preise für Dienstleistungen sanken während und unmittelbar nach dem COVID-19-Lockdown stärker als die Preise für Waren, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass Dienstleistungs- einrichtungen allgemein bis Anfang 2021 vollständig geschlossen wurden, während Warengeschäfte geöffnet bleiben durften. In ähnlicher Weise belastete die einsetzende Inflation des vergangenen Jahres und darüber hinaus die Preise für Waren deutlich stärker, was möglicherweise auf dieselben Lockdown-Faktoren zurückzuführen ist (sowie auf eine schnellere Erholung der Warennachfrage durch die Verbraucher).
Ähnlich verhält es sich mit den Warenpreisen, die in letzter Zeit gesunken sind, während die Dienstleistungspreise gestiegen sind. Es ist durchaus denkbar, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass das Warenangebot mit der Nachfrage Schritt hält, während die Dienstleistungsbetriebe nach wie vor unter Personalmangel leiden, auch wenn sich die Nachfrage dort erholt.
In jedem Fall ist offensichtlich, dass die Unterschiede zwischen den Preisen für Waren und Dienstleistungen in den letzten zwei Jahren deutlich weiter auseinanderklafften als in den 1960er Jahren und sogar während des größten Teils der 1970er Jahre. Auch hier sehen wir einen Hinweis auf den geldpolitischen Charakter der Inflation der 1960er Jahre im Gegensatz zum angebotsbedingten Charakter in der aktuellen Situation.
Was zu tun ist
Eine expansive Geldpolitik gibt sowohl den Anstoß zu Lohn- und Preiserhöhungen und eröffnet zudem die Möglichkeit, diese höheren Löhne und Preise zu zahlen, ohne das reale Wachstum oder den Lebensstandard zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund konnten die Reallöhne - und das Wirtschaftswachstum - ihren Aufwärtstrend zu Beginn der Inflation der 1960er Jahre fortsetzen. Die Tatsache, dass die Reallöhne heute nicht mit den Preissteigerungen Schritt halten, ist ein Hinweis darauf, dass andere Kräfte als die Geldpolitik diese Preissteigerungen bewirken.
Nun werden Sie möglicherweise sagen: "Natürlich spielen andere Faktoren eine Rolle. Wir hören jeden Tag von Unterbrechungen in den Versorgungsketten und geopolitischen Konflikten, die die Preise in die Höhe treiben.
Warum heben wir die Auswirkungen dieser Versorgungsengpässe hervor? Weil es wenig Sinn macht, die Geldpolitik als Reaktion auf nicht-monetäre Einflüsse zu straffen, selbst wenn diese das Gesamtpreisniveau anheben. Eine Verknappung des Erdöls und ein damit einhergehender Anstieg der Öl- und Gaspreise sind für sich genommen bereits wirtschaftlich schmerzhaft. Dieser Druck wiederum trägt dazu bei, den Anstieg der Ölund Gaspreise zu dämpfen, da Verbraucher und Erzeuger Wege finden, Energie einzusparen. Diese Einsparungen tragen zudem dazu bei, den Anstieg der Preise für andere Energieträger infolge von Engpässen in der Energieversorgung zu drosseln. Eine Straffung der Geldpolitik verschlimmert die Situation nur noch, denn sie trägt mitnichten dazu bei, die Energieversorgung zu erleichtern. Im Gegenteil, sie verstärkt den bereits entstandenen Druck nur noch weiter.
Allerdings darf die Geldpolitik auch nicht gelockert werden, um den Druck aufgrund der Energieversorgungsprobleme zu mindern. Das war die Antwort der US-Notenbank in den 1970er Jahren, und sie war ein Fehler. Es ist jedoch wiederum etwas anderes, wenn eine Zentralbank als Reaktion auf Engpässe bei der Energieversorgung ihre Geldpolitik strafft.
Die Fed begründet ihr derzeitiges Straffungsprogramm damit, dass sie eine Ausbreitung von Inflationserwartungen als Reaktion auf Preissteigerungen aufgrund von Angebotsstörungen verhindern will. Aus unserer Sicht ist dies eine fadenscheinige und wenig überzeugende Erklärung. Sie geht bestenfalls davon aus, dass die Akteure in der realen Welt nicht in der Lage sind, zwischen der anhaltenden Inflation, die auf eine verschwenderische Politik zurückzuführen ist, und vorübergehenden, schmerzvolleren Preisanstiegen aufgrund von Angebots- verlagerungen zu unterscheiden.
Auch wenn Sie unsere Einschätzung, dass die Geldpolitik der Fed nicht die Ursache für die derzeitige Inflation ist, möglicherweise nicht teilen, ist die Prognose die gleiche. Der aktuelle Druck auf die Wirtschaft lässt auf eine baldige Verbesserung, d.h. einen Rückgang der Inflation, schließen. Selbst in den späten 1960er und 1970er Jahren ging die Inflation deutlich und recht schnell zurück, als sich die Wirtschaft verlangsamte. Dies war sogar in den Jahren 1969-1970 der Fall, nachdem zuvor über mehrere Jahre ein sehr schnelles Wachstum und hohe Haushaltseinkommen zu verzeichnen waren. Die Schwierigkeit bei der Eindämmung der Inflation in den 1970er Jahren war nicht die Starrheit der Preise, sondern die Unfähigkeit von Politikern, eine Politik der Inflationsbekämpfung lange genug durchzuhalten, um die Inflation ein für alle Mal zu beseitigen.
Gegenwärtig stehen die Preise, nach einem deutlich schwächeren Aufschwung als in den 1960er Jahren und angesichts höherer Preise, die Verbrauchern und Händlern gleichermaßen zu schaffen machen, unter einem ähnlichen, wahrscheinlich noch stärkeren Abwärtsdruck. Da auch die Geldpolitik weiteren Straffungen unterliegt, werden sich diese Effekte noch verstärken. Es ist einfach nicht derselbe Kater wie nach der Party vor 55 Jahren.
Begriffsbestimmungen Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Gesamtmenge an Waren und Dienstleistungen eines Landes in konstanten oder inflationsbereinigten Werten in US-Dollar.
Globale Finanzkrise bezieht sich auf die Störung des Wirtschaftsgeschehens nach dem Zusammenbruch prominenter Investmentbanken in den Jahren 2007-2008. Es folgte ein genereller Liquiditätsverlust an den Kreditmärktenund die Aktienkurse stürzten ab.
- Ende der Nachricht
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