05.07.2004
Nestor Fonds: Mehr Schwung im 2. Halbjahr?
Köln, den 05.07.2004 (Investmentfonds.de) - Die Entwicklung an den internationalen
Aktienmärkten seit Jahresbeginn lässt nur bedingt Freude aufkommen, so die Experten
von Nestor im aktuellen Quartalsausblick. So war nach einem positiven Jahresauftakt
seit März keine eindeutige Tendenz mehr zu beobachten. Dabei mutet es fast paradox
an, dass die Märkte, die beim globalen Wirtschaftswachstum die Nase vorn haben -
die USA und die asiatischen Schwellenländer - bei der Aktienmarktperformance nur
auf den hinteren Plätzen zu finden sind.
So haben der Dow Jones und die Nasdaq seit Jahresbeginn (und in US-$ gerechnet)
rund 1% an Wert verloren (Stand: 21. Juni) und das, obwohl die lange Zeit ungeklärte
Frage der Nachhaltigkeit des amerikanischen Wirtschaftswachstums mittlerweile ein-
deutig und positiv beantwortet werden konnte. Auch in Asien weisen viele Börsenplätze
seit Jahresbeginn ein Minuszeichen auf (Ausnahme: der japanische Aktienmarkt).
In Westeuropa war das Bild sehr heterogen. Der Euro Stoxx 50 konnte seit Jahresbeginn
nur um 2 % zulegen. Neben Finnland enttäuschte bisher vor allem die Wertentwicklung
des DAX (1 %), der sich deutlich schlechter entwickelte als andere europäische Börsen.
Allerdings konnten sich sowohl der TecDAX (+5 %) als auch der MDAX (+12 %) von der
schwachen Entwicklung der deutschen Standardwerte abkoppeln. Glänzen konnten in den
ersten sechs Monaten dagegen in erster Linie die „kleinen“ westeuropäischen Märkte:
So kam es in Portugal und Belgien seit Jahresbeginn zu Wertzuwächsen von knapp 10 %
und in Österreich als Spitzenreiter von fast 28 %.
Am besten schlugen sich im 1. Halbjahr die osteuropäischen Börsen. Die Aktienmärkte
in Ungarn, Polen und Tschechien konnten allesamt - nicht zuletzt aufgrund des EU-
Beitritts - prozentual zweistellig zulegen, in Rußland stiegen die Kurse um 9 %.
Erfreuliches Gesamtklima, doch viele kleine Störfeuer
Wenn man sich die Kursentwicklung der letzten Wochen vor Augen führt, hat man den
Eindruck, dass Bewertungsfragen, die aus unserer Sicht mittel- und langfristig die
Richtung an den Märkten bestimmen, derzeit nur von untergeordneter Bedeutung sind.
Obwohl das makroökonomische Umfeld insgesamt positiv einzuschätzen ist und die Er-
wartungen an das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne im Verlauf der
letzten Monate summa summarum positiv überrascht haben, hat sich die Börsenstimmung
dennoch deutlich eingetrübt. In Anlehnung an den Kinofilm „Perfect Storm“ ist dies
wohl vor allem der Befürchtung zuzuschreiben, dass die Summe der Störfaktoren das
positive Gesamtszenario zum Einsturz bringen könnte. Die Faktoren, die dieses Stör-
feuer ausgelöst haben, sind vielfältig und gut bekannt: 1.) der hohe Ölpreis, 2.)
die Sorge vor einem „hard landing“ der chinesischen Wirtschaft, 3.) die bevorstehende
Zinswende in den USA und 4.) die Situation im Irak mit den damit verbundenen geopo-
litischen Unsicherheiten. Es besteht ein gewisses Risiko darin, dass das Zusammen-
wirken all dieser Einflüsse das weltwirtschaftliche Gleichgewicht ins Wanken bringen
könnte.
Leitzinsen rücken in den Fokus
Nach den zuletzt veröffentlichten Konjunktur- und Inflationsdaten aus den USA war
die Zinserhöhung zur Wochenmitte seitens der Fed auf der Sitzung des Federal Open
Market Committee (FOMC) vorauszusehen, zumal auch die guten Arbeitsmarktdaten zu-
letzt noch einmal für steigende Inflationserwartungen sorgten. Spannend war allein
die Frage, ob die US-Notenbank die Zinsen um 25 oder gleich um 50 Basispunkte erhöhen
würde. Die Worte Alan Greenspans vor dem Bankenausschuss des US-Senats sowie die
Aussagen im Konjunkturbericht „Beige Book“ ließen nicht daran zweifeln, dass die Fed
die sanfte Methode bevorzugen und die Geldpolitik nur in kleinen Dosen straffen würde.
Ob die Politik der kleinen Schritte dann im Verlauf des Jahres beibehalten werden
kann, wird in erster Linie von den weiteren Inflationsdaten abhängen. Da wir davon
ausgehen, dass die Preissteigerungsrate - insbesondere die für die Fed entscheidende
Kerninflation - in den nächsten Monaten nur moderat ansteigen wird, halten wir es für
wahrscheinlich, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen bis zum Jahresende um
insgesamt 100 Basispunkte anheben wird. Da in diesem Jahr noch insgesamt 5 FOMC-
Sitzungen stattfinden, könnte die Fed somit auf allen Sitzungen mit Ausnahme derer
vom 21. September - der letzten vor der am 2. November stattfindenden Präsident-
schaftswahl - um jeweils 25 Basispunkte erhöhen. Ein Blick auf den Fed Funds Future
für Dezember 2004 zeigt, dass der Markt bereits Zinserhöhungen von 125 Basispunkten
bis zu diesem Zeitpunkt eingepreist hat. Somit bestehen gute Chancen, dass die
Zinsängste, die den globalen Aktienmärkten seit geraumer Zeit zu schaffen machen,
in den kommenden Monaten abflachen könnten.
Aktienmärkte fundamental unterbewertet
Trotz aller Unsicherheiten halten wir aufgrund des insgesamt positiven makroöko-
nomischen Umfeldes an unseren zu Jahresbeginn abgegebenen Aktienmarktprognosen fest,
wenngleich ein Anstieg des DAX auf 4.600, des Euro Stoxx 50 auf 3.300 und des S&P 500
auf 1.250 Punkte aus heutiger Sicht ambitioniert erscheint. Unsere positive Ein-
schätzung ergibt sich vor dem Hintergrund der aktuellen Aktienmarktbewertungen. So
haben sich die Unternehmensgewinnprognosen bislang als zu konservativ herausgestellt.
Dies ist der Grund dafür, dass die Analysten die Gewinnschätzungen für die Jahre 2004
und 2005 seit Jahresbeginn deutlich nach oben korrigieren mußten. Auch für den S&P
500 sind diese im Jahresverlauf deutlich angehoben worden (2004: +7 %, 2005: +4 %).
Da es bisher so gut wie keine Gewinnwarnungen für die Unternehmensergebnisse des 2.
Quartals gegeben hat, dürften die aktuellen Prognosen, die von einem Gewinnanstieg
gegenüber dem Vorjahr von knapp 20% ausgehen, wie in den Vorquartalen übertroffen
werden.
Branchenfokus: Technologieaktien günstig
Ob die Aktienmärkte im 2. Halbjahr 2004 wieder einen erfreulicheren Verlauf nehmen
können, wird sehr stark von den Technologieaktien und -indizes abhängen, denen in
den letzten Jahren eine wichtige Vorlauffunktion für die anderen Aktienmärkte zukam.
Die seit Januar anhaltende Schwäche der Technologiewerte im allgemeinen und die der
Halbleiterwerte im speziellen ist besonders deshalb überraschend, da die meisten
Unternehmen positive Ergebniszahlen vorlegen konnten. Die Kombination aus höheren
Gewinnen bzw. Gewinnerwartungen und niedrigeren Kursen hat dazu geführt, dass Tech-
nologiewerte nach unseren Modellen so günstig bewertet sind wie selten zuvor und ein
deutliches Kurspotenzial für die kommenden Monate versprechen, wovon auch die übrigen
Aktienmärkte profitieren sollten.
Quelle: Investmentfonds.de