SafraSarasin: Italien bleibt eine Herausforderung für die Währungsunion
Karsten Junius, Chief Economist bei der Bank SafraSarasin
Karsten Junius, Chief Economist bei der Bank SafraSarasin,
schreibt in seiner aktuellen finanzmarktkolumne:
Die neue Regierungskoalition, vor der Italien vermutlich steht,
wird die EU vor neue Herausforderungen stellen. Ihre finanzpolitischen
Vorhaben sind mit den Stabilitätsvereinbarungen in der Währungsunion
nicht kompatibel. Ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen werden kaum
das schwache Potenzialwachstum fördern. Die heutigen Gerüchte, dass die
beiden populistischen Parteien die Rückzahlung der von der EZB gekauften
Anleihen in Frage stellen, ist vielleicht nur ein Vorgeschmack auf das,
was noch alles kommen könnte. Sie beenden die Diskussion über eine
realistische Vertiefung der Währungsunion. Es ist absehbar, dass die EU
und die Währungsunion als Sündenbock für weiter stagnierende Pro-Kopfein-
kommen in Italien herhalten müssen. Gerechtfertigt ist das keineswegs.
Ohne den Stabilitätsanker der Währungsunion wäre die Finanzierung der
italienischen Staatsschuld spätestens in der Finanzkrise unmöglich
geworden.
Mit der Lega Nord und der Fünf-Sternebewegung stehen zwei populistische
Parteien vor der Regierungsübernahme in Rom. Die italienischen Wählerinnen
und Wähler haben allen Grund mit den Leistungen ihrer bisherigen Regierungen
unzufrieden zu sein: Während das Bruttoinlandsprodukt in der gesamten Währungs-
union seit ihrem Beginn Anfang 1999 um 26% anstieg, erhöhte es sich in Italien
um lediglich 6%. Dieser Wert beinhaltet sogar noch den Effekt einer steigenden
Bevölkerung. Betrachtet man stattdessen das Pro-Kopfeinkommen so schmilzt
jegliches Wachstum komplett daher. Der Trend seit der Finanzkrise hat sich
sogar noch einmal verschlechtert. Aktuell sind die Pro-Kopfeinkommen 14%
niedriger als das Niveau, das sich eingestellt hätte, wenn sie mit der durch-
schnittlichen Rate der 10 Jahre vor der Finanzkrise gewachsen wären.
Es sieht auch nicht so aus, als wenn sich an der unterdurchschnittlichen
Performance der italienischen Wirtschaft schnell etwas ändern würde. Die
OECD schätzt das Potenzialwachstum in Italien um ein Prozent niedriger ein
als in der gesamten Währungsunion. Die EU-Kommission erwartet für dieses
und nächstes Jahr in Italien mit 1,5% bzw. 1,2% ein schwächeres Wachstum
als in allen anderen Ländern der Währungsunion. Zentral und symptomatisch
für die italienische Wachstumsschwäche scheint die extrem schwache Inves-
titionstätigkeit zu sein, die mit einer seit Jahren nicht mehr steigenden
Stundenproduktivität einhergeht.
Disclaimer: Diese Meldung ist keine Empfehlung zu einer Fondsanlage und keine individuelle Anlageberatung. Vor jeder Geldanlage in Fonds sollte man sich über Chancen und Risiken beraten und aufklären lassen. Der Wert von Anlagen sowie die mit ihnen erzielten Erträge können sowohl sinken als auch steigen. Unter Umständen erhalten Sie Ihren Anlagebetrag nicht in voller Höhe zurück. Die in diesem Kommentar enthaltenen Informationen stellen weder eine Anlageempfehlung noch ein Angebot oder eine Aufforderung zum Handel mit Anteilen an Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar.
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